*1941 in Wien, AT, lebt und arbeitet in Innerschwand am Mondsee, AT
Allen Werkserien liegt die Intention zugrunde, die konstitutive Präsenz des Lichts sichtbar zu machen. Licht als immaterielles Material wird bei Inge Dick bildhaft. Sie bildet ab, was an sich nicht abbildbar ist. Normalerweise dient das Licht dazu, dem Betrachter ein Objekt sichtbar zu machen, bei Inge Dick wird das Licht zum alleinigen Motiv. In jahrelanger, fast wissenschaftlicher Akribie ist es ihr gelungen, die Substanz des Lichts einzufangen und das Licht zu visualisieren. Dabei macht sie sich eine Besonderheit unseres Sehsinns zunutze. Unser Auge ist darauf trainiert, sich den jeweiligen Lichtgegebenheiten anzupassen, indem sich die Pupillenweite verändert. Einen Wechsel der Farbtemperatur des Lichts nehmen wir daher nur bedingt wahr. Eine weiße Fläche bleibt für unser Auge sowohl in der Mittagssonne als auch im Abendlicht einfach eine weiße Fläche. Nicht so für Inge Dick.
Bei ihren aktuellen Filmprojekten „herbst licht weiß“ (2012), „sommer licht weiss“ (2013), „frühlings licht weiss“ (2014) und „winter licht weiss“ (2014/15) hat sie eine weiße Fläche jeweils über drei Tage lang gefilmt, um die Veränderungen des Lichts zu dokumentieren. Die weiße Vorlage wurde an einem neutralen Ort ohne direkte Lichtanstrahlung platziert. Die Kamera blieb dabei unverändert auf immer der gleichen Einstellung und zeichnete den Wandel der Lichtintensität und Lichtfarbe auf, der sich im Verlauf von drei Tagen auf dieser weißen Fläche ergab. Herausgekommen ist dabei jeweils ein mehrstündiger Film, „der alle Farben spielt“.
Die [ausgewählten] Stills wandeln den Film wieder in Fotografie zurück. Die Werke zeigen aneinander gereihte Farb[flächen], die Inge Dick aus dem umfangreichen Filmmaterial herausgezogen hat. Anhand der Timecodes lässt sich genau die Uhrzeit ablesen, an der sie aufgenommen wurden. […] Keinem anderen Bildmedium ist der Faktor Zeit so inhärent wie der Fotografie, hat einst Peter Volkwein geschrieben. Genau wie die Fotografie sind auch die Filme ein Abbild der Zeit und ein Abbild des Lichts. In komprimierter Form offenbaren die poetischen Filmstills von Inge Dick das farbige Lichtspektrum mehrerer Tage: Abendrot reiht sich da an Nachtschwarz, Morgenblau wird zu Mittagsgold, um als Regengrau über Dämmerungsgelb wieder in die Dunkelheit der Nacht überzugehen.
Gerda Ridler
Teil dieser Ausstellung ist ebenfalls ein Mittelformat-Polaroid, das Inge Dick am 16. August 2006 mit einer von weltweit drei Polaroidkameras diesen Formats aufnahm.
Mit dem charakteristischen 7,9 x 7,9 großen Polaroid hatte sie bereits seit 1982 Sofortbilder von Lichtmomenten erzeugt und ihre frühere weiße Malerei in das Medium Polaroid übersetzt, in dem sie ihre von der Sonne beschienenen Atelierwände fotografierte.
Später sollte sie die letzte Künstlerin sein, welche die einzige Großformatkamera in Boston, USA nutzte.
Juliane Rogge
Inge Dick bei www.renate-bender.de