Die auf den ersten Blick als monochrome Farbflächen erscheinenden Malereien des Schweizers Rudolf de Crignis (1948–2006) vermitteln eine ungeheure Tiefe, einen Farbraum, der auf den vielen Malschichten eines langen Arbeitsprozesses beruht. De Crignis schmiedete keine Pläne nach einer festen Vorstellung für das Endergebnis, sondern ließ sich beim Malen ganz vom Prozess leiten, bei dem eine Entscheidung ihn zur nächsten trug. Er erklärte: „Das verhindert, dass ich in meiner Arbeit zu bequem werde. Zunächst muss ich meinen Weg finden. Es kann einige Wochen dauern, bis ich sehe, wie ein Bild ist – wie das Licht im Raum wirkt und arbeitet. Das Gemälde muss in jedem Licht funktionieren: am Morgen, am Nachmittag, am Abend – an einem grauen Tag, an einem sonnigen Tag, im Licht des Vollmonds, in künstlichem Licht. Damit das Bild in jeder Lichtsituation funktioniert, muss das Licht Schicht um Schicht aufgebaut werden. Die Farbe muss so strukturiert werden, dass das Licht vollkommen in das Bild integriert wird. Die Farben und ihre jeweiligen Mischungen werden nach dem Licht ausgesucht, das ich mir für das Bild vorstelle. Im Laufe der Jahre habe ich mehr und mehr über Farbe und ihre Benutzung gelernt. Ich versuche aber immer noch, sie vollkommen zu begreifen, was mir wohl nie ganz gelingen wird. Ich werde oft gefragt, woher ich weiß, wann ein Bild fertig ist. Es gibt einen bestimmten Moment, in dem die Zusammensetzung der Farben mit dem Licht in dem Bild im Gleichgewicht ist. An diesem Punkt wird klar, dass es in dem Bild nicht um Farbe geht. Vielmehr ist die Farbe nur der Katalysator, der die Arbeit zu einem Erlebnis macht.“
Painting #96-19, 1996
Öl auf Leinwand
152,5 x 152,5 cm
Sammlung Schroth